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Kultur und System

Dass man in der Literaturwelt so ausschließlich von einer Suhrkamp-Kultur spricht, und nicht etwa auch von einer Rowohlt-Kultur oder einer Hanser-Kultur oder einer S.-Fischer-Kultur, das liegt – so meine Vermutung – nicht nur an der programmatischen Geschichte des Verlages, sondern zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auch an der systematischen Cover-Gestaltung von Willy Fleckhaus. Sein aggressiv rationalistischer Ansatz machte das einzelne Buch zum Bestandteil einer Reihe. Visuell trat der Einzeltitel zurück ins Glied. Colorcoding und Satzraster der Umschläge fungierten wesentlich stärker als Absenderkennung (Suhrkamp) denn als Identifikator eines literarischen oder wissenschaftlichen Einzelwerks.

Die meisten Verlage sind irgendwann dazu übergegangen, das einzelne Werk mit individuellem Cover auszustatten, seiner Einzigartigkeit zu huldigen und sich selbst in einer Geste des Understatements visuell zurückzunehmen. Sieht man ein Buch der Edition Suhrkamp bzw. ein suhrkamp taschenbuch wissenschaft, so denkt man zuerst: ein Suhrkamp-Buch – und erst dann: ein Adorno. Beides ist hierbei möglich: die Leistung Fleckhaus‘ in dieser Hinsicht zu bewundern oder den Verlust an individueller Titelgestaltung zu spüren, den der rationalistische Ansatz zu Folge hatte

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