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Je ne regrette rien

Menschen bereuen. Sie bereuen Dinge, die sie getan haben. Und sie bereuen Dinge, die sie unterlassen haben. Ich frage mich, wie die Natur des Bereuens beschaffen ist. Das Bereuen zielt auf etwas, was nicht der Fall gewesen ist. Es befasst sich mit etwas, was nicht erlebt wurde. Es weist dem, was kein gelebter Teil der eigenen Biografie geworden ist, einen hohen Wert zu. Wie aber kann das Bereuen wissen, was gewesen wäre, wenn?

Wenn einer im Herbst seines Lebens bereut, zu viel gearbeitet und zu wenig Zeit für seine Kinder gehabt zu haben, woher will er dann wissen, ob er im umgekehrten Fall nicht bereut hätte, der Arbeit und den damit verbundenen vielfältigen sozialen Kontakten nicht genug Bedeutung geschenkt zu haben? Bereuen ist im Kern spekulativ. Und es missachtet im Blick durch den Schleier der Erinnerung, dass es im Moment der Entscheidung für oder wider das eine oder das andere ein aktives inneres Motivationsgeschehen gegeben hat. Tat oder Unterlassung stehen in einem wirkmächtigen biografischen Kontext.

Was sich mit Sicherheit sagen lässt: Bereuen ist in der Sache selbst nutzlos. Das Bereute ist geschehen. Es ist der Fall, weil man selbst es zu dem hat werden lassen, was nun eben der Fall ist.

Es verbleibt dem geäußerten Bereuen aber eine Wirkung auf gänzlich anderer Ebene. Diese Ebene ist die der Schaffung eines Kommunikationskanals, über den man seine Umgebung wohlfeil davon unterrichtet, das man dies oder das bereut, also eigentlich ein anderer ist, als man zu sein scheint. Wohlfeil, da die ungelebten Optionen des eigenen Lebens nie werden resümiert werden können – weder von einem selbst, noch von den anderen (die ja bekanntlich sowieso die Hölle sind ; )

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