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Anti-Vanitas

Es gibt kenntnisreiche Artikel zum Erfolg von Instagram, inbesondere der Anwendung von Retro-Effekten auf Digitalfotos. Einen weiteren Subtext, den ich in diesem Zusammenhang sehe, bildet die effektbasierte „Historisierung“ des Augenblicks.

Ein Rückgriff, den Instagram mit seiner Effektpalette vornimmt, bezieht sich auf die mangelnde Farbstabilität älterer Aufnahmeverfahren. Hier ist das imitierte Phänomen die Farbverschiebung, die den alten Abzügen über die Zeit zugestoßen ist.

Unser privater bildhistorisch geprägter Blick auf die Ära der eigenen Kindheit bzw. des jungen Erwachsenenalters der Eltern erfolgt durch genau diesen Filter: beim Blättern durch die Familienalben stoßen wir auf ausgeblichene Farben, runde Ecken, Polaroids mit Lichtabfall zu den Rändern.

Die mangelnde Fotoresistenz alter Bilder kann der Nutzer nun via App auf dem Smartphone den Bildern instantan zustoßen lassen. Das Wiederaufleben dieser Attribute der Vergänglichkeit als Effekt bildet sicherlich auch den Versuch, diese Bilder aus dem Strudel der fortwährenden, gesteigerten, permanenten Gegenwart der Fotostreams herauszulösen und ihnen einen Status der Überhöhung durch simulierte Zeiteinwirkung zu verleihen.

Der Schnappschuss will bereits jetzt und hier die Aura des Zeitdokuments; der Handyfotograf will Lichtbildner werden, das Abbild des Augenblicks geschichtlicher Moment. Aber wie so oft im Leben gilt auch hier: You can’t always get what you want.

In Kürze wird Instagram Geschichte sein.

Die zombifizierte Wiederkehr realweltlicher Wirkungen als digitaler Fake wird sich steigern in die zombifizierte Wiederkehr digitalweltlicher Simulationen digitalweltlicher Effekte. Die erhoffte Differenz der Instagrambilder wird sich gegen sich selbst wenden. Und dann, ja dann wird es womöglich Dienste geben, die die unverfälschten Aufnahmen hinter den Instagram-Bildern wieder rekonstruieren

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